Amniozentese (Untersuchung des Fruchtwassers)

Dem Fruchtwasser werden kindliche Zellen entnommen. Das Verfahren heisst Amniozentese. Eine Analyse der Zellen lassen zahlenmässige oder strukturelle Veränderungen des Chromosomensatzes beim ungeborenen Kind erkennen, ebenso die meisten Anomalien von Gehirn und Rückenmark. Der Eingriff wird meist ab der 16. Schwangerschaftswoche vorgenommen. Dabei wird eine dünne Hohlnadel durch die Bauchdecke der Frau in die Fruchtblase eingeführt und eine kleine Menge Fruchtwasser entnommen. Um das Baby nach Möglichkeit nicht zu verletzen, findet der Eingriff unter Ultraschallkontrolle statt.

Zur Verhinderung einer Rhesus-Antikörperbildung erhalten rhesusnegative Frauen nach der Untersuchung eine Anti-D-Prophylaxe. In der Regel wird die Schwangere anschliessend während einer Stunde ärztlich beobachtet.

Die Ergebnisse der Fruchtwasseruntersuchung sind sehr zuverlässig. Allerdings steht der endgültige Befund erst nach ein bis drei Wochen fest. Diese relativ lange Zeit wird von betroffenen Eltern oft als belastend empfunden. Ein Schnellbefund (FISH-Test) kann über die häufigsten Chromosomenauffälligkeiten schon nach drei Tagen Aussagen machen. Das gilt für Trisomie 13, 18 und 21 sowie für geschlechtschromosomale Anomalien.

Aussagen über das Ausmaß einer Erkrankung oder deren Verlauf sind durch die Amniozentese nicht möglich. Ebenso wenig erfasst sie Behinderungen, denen nicht chromosomale Ursachen zugrunde liegen.

Das Verfahren der Amniozentese ist umstritten. Denn nach dem Eingriff können Krämpfe, Wehen, Infektionen, Fruchtwasserabgang oder Blutungen auftreten. Selbst wenn entsprechend zertifizierte Ärzte die Untersuchung durchführen, liegt das Risiko für eine Fehlgeburt (Abort) infolge des Eingriffs bei hohen 1 bis 3 %. Und je seltener ein Arzt eine Amniozentese durchführt, desto höher ist das Risiko unerwünschter Folgen.

Bei allen invasiven Diagnoseverfahren steht die Frage im Zentrum, was man mit dem Ergebnis der Untersuchung anfängt. Abgeklärt werden sollten vorgängig die Therapie-Möglichkeiten. Stehen keine solchen zur Verfügung, sollten Personen, die gegen eine Abtreibung eingestellt sind, von vornherein auf das Diagnoseverfahren verzichten.